#6 Angriffe auf kleine Hunde
Der letzte Blogartikel ist nun etwas über einen Monat her und dieser neue Blogartikel ist gleich eine etwas härtere Kost. Ich würde mich trotzdem freuen, wenn Du Dir fünf Minuten Zeit nimmst, und diesen Blogartikel liest. Ich freue mich sehr, Deine Meinung zu oder Deine Erfahrungen mit diesem Thema zu hören.
Sind Kämpfe unter Hunden gefährlich?
Im Juni diesen Jahres war ich bei einer Tierschutzorganisation in Bulgarien und habe dort viele Straßenhunde gesehen. Was ich dort während meiner Arbeit beobachten konnte, waren verschiedene Arten wie Hunde untereinander kommunizieren, wenn sie in einem großen Familienverband leben. Wenn ich kurz abschweifen darf: Hunde leben in freier Wildbahn nicht in einem Rudel mit Rangordnungen wie Wölfe, sondern in Familienverbänden ohne vergleichbare Rangordnungen. Es ist also oft unklar, wer das Sagen hat und somit klären die Hunde immer wieder untereinander bestimmte Konfliktpunkte. Auf Menschen, die Hunde noch nie streiten gesehen haben, kann es zunächst beängstigend wirken, wie energisch Hunde dabei vorgehen. Es kann bei solchen Auseinandersetzungen auch mal zu schweren Verletzungen kommen. Mir hat das sehr deutlich gezeigt, dass es natürlich ist, dass Hunde sich gegenseitig anbellen, anknurren und gegebenenfalls auch angreifen. Dadurch machen diese ihren Standpunkt klar, wenn ihr Drohverhalten keine Wirkung gezeigt hat. Auseinandersetzungen gehören zum Sozialverhalten der Hunde.
In den Medien wird hin und wieder von Angriffen von Hunden auf Menschen berichtet. Von Angriffen auf andere Hunde hingegen wird nie berichtet.
Warum greifen sich Hunde gegenseitig an?
Kämpfe unter Hunden sind natürlich nichts Schönes – wie oben bereits erwähnt, jedoch keine Seltenheit und gehören in großen Hundefamilienverbänden sogar oft dazu. Trotzdem stellt sich die Frage, warum manche Hunde beim Gassigehen andere Hunde urplötzlich angreifen. Es muss nicht immer ein verhaltensgestörter Hunde sein, der angreift. Auch können Gründe für Angriffe beispielsweise die Verteidigung des Territoriums, die Verteidigung von Ressourcen (wie Futter) oder schlichtweg Angst sein. Auseinandersetzungen zwischen Hunden sind zunächst nicht verwerflich und Hunde konnten nur durch solche Maßnahmen in der Vergangenheit überleben.
Seit ich mich intensiver mit dieser Thematik auseinandersetze, habe ich ein paar Stories gehört, die mich beunruhigt und zum Nachdenken gebracht haben. Ich habe mit Caroline, eine der Betroffenen, über dieses Thema gesprochen. Ihre Chihuahua-Hündin Eve wurde Opfer eines fehlgeleiteten Verhaltens eines anderen Hundes.
Nicht jeder Angriff nimmt ein gutes Ende – Carolines Geschichte
Hallo, mein Name ist Caroline und der 28.05.2016 war der schlimmste Tag meines Lebens. An diesem Tag wurden meine beiden Chihuahuas und ich Opfer eines Angriffs von einem ortsbekannten, verhaltensauffälligen Hund. Meine Chihuahua-Hündin Eve wurde vor meinen Augen getötet. Sie durfte nur 2 ½ Jahr alt werden.
Immer wenn wir der Besitzerin und ihren beiden verhaltensauffälligen Hunden begegneten, sind wir sofort in eine andere Gasse ausgewichen um einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Ich hatte einfach aufgrund einiger Warnsignale dieser Hunde und deren Verhalten kein gutes Gefühl. Auch an dem besagten Tag sah ich sie von Weitem und bin sofort in die nächste Gasse abgebogen. Ich drehte mich vor dem Einbiegen noch einmal kurz um, um mich zu vergewissern, dass wir weit genug entfernt waren und die Hundebesitzerin ihre beiden, zu diesem Zeitpunkt, angeleinten Hunde unter Kontrolle hat. Nach ein paar Schritten hörte ich laute Schreie der Frau. Ich drehte mich instinktiv um und sah den Schäferhund auf uns zu laufen. Er war der Frau entwischt. Es war kein freudiges, entspanntes Laufen, wo der Hund sich einfach nur freut auf seinesgleichen zu treffen. Es war eine Art Laufen, welches ich nur aus dem Fernsehen kannte. Ein Laufen, bei dem ich einfach wusste, es geht jetzt um Leben und Tod. Sofort reagierte ich und nahm meine beiden Hunde hoch um sie vor meine Brust mit meinem Körper gegen die Wand gedrückt zu schützen. In dem Augenblick fiel der Schäferhund mich an und verbiss sich in Eves Hinterteil. Ich hielt Eve jedoch am Geschirr fest und kämpfte mit dem Hund um sie. Für einen kurzen Moment ließ er sie los. Ich packte Eve und wollte mit meinen beiden Hunden weglaufen. Jedoch fielen mich in diesem Moment der Schäferhund, sowie der zweite Hund der Besitzerin, ein Labrador, erneut an und brachten mich zu Sturz. Der Schäferhund verbiss sich in Eve und schüttelte sie wie ein Spielzeug in der Luft. Auch der zweite Hund der Besitzerin kam dazu und sie stritten sich kurzzeitig um ihre Beute – vor meinen Augen, noch immer am Boden liegend, knapp einen halben Meter entfernt.
Ich habe alles versucht und mit dem Schäferhund gekämpft, versucht sie zu retten, aber es gelang mir nicht. Das Schütteltrauma und die inneren Verletzungen waren zu schwer. Ich wurde bei diesem Angriff ebenfalls körperlich, sowie seelisch verletzt. Ich hatte am Handgelenk einen Biss, einige Hämatome und Abschürfungen. Ich litt eine sehr lange Zeit unter PTBS (Posttraumatisches Belastungssyndrom) und hatte Schlafprobleme.
Ich erzähle diese sehr persönliche Geschichte, um darauf aufmerksam zu machen, wie man durch seine eigenen Entscheidungen Menschen- und Tierleben zerstören kann. Diesen Schmerz kann man nur verstehen, wenn man selbst so ein Trauma erlitten hat. Mein geliebter Seelenhund Eve musste wegen einer verantwortungslosen Hundehalterin, die ihren Hund nicht unter Kontrolle hatte, sterben. Es passierte nicht weil Eve den anderen Hund in irgendeiner Weise gereizt hatte, es passierte ohne Grund. Wobei so ganz stimmt das nicht. Der Grund war eine jahrelange schlechte Haltung und ein fehlgeleitetes Jagdverhalten des Schäferhundes. Gebe ich diesem Hund die Schuld? Nein. Hinter jedem verhaltensauffälligen Hund steht ein Mensch der die Verantwortung für ihn trägt. Man ist für jedes Fehlverhalten des Hundes, in unserem Fall das fehlgeleitete Jagdverhalten sowie die schwere Körperverletzung, verantwortlich und auch strafbar. Man muss sich dieser Verantwortung bewusst sein und handeln. Holt euch Hilfe, wenn ihr in dieser Situation seid oder jemanden kennt, der in dieser Situation ist. Sprecht Menschen mit verhaltensauffälligen Hunden an und macht ihnen ihre Verantwortung klar. Seinen Hund auf diese Art zu verlieren ist ein Trauma, das nie wieder heilt, man lernt nur damit zu leben. (Das hier ist Carolines Account)
Carolines Geschichte und auch Erzählungen von weiteren Schicksalen haben mir gezeigt, dass leider nicht jeder Angriff „gut“ endet. Auch mein Chihuahua Bonsay wurde bereits zweimal angegriffen, jedoch endeten die Angriffe glücklicherweise nicht blutig. Eves Schicksal, sowie das anderer Hunde, die solchen Angriffen zum Opfer fielen, darf nicht umsonst gewesen sein. Lasst uns versuchen offen mit diesem Thema umzugehen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen.
Ein Hund lernt normalerweise in seiner Sozialisierungsphase das richtige Sozialverhalten und auch, dass ein Kampf mit einem anderen Hund nicht bis zum Tod geführt wird, vor allem wenn sich der andere Hund bereits unterworfen hat oder im Kampf deutlich unterlegen ist. Hunde, die töten sind entweder sehr schlecht sozialisiert, haben schlechte Erfahrungen während oder auch nach der Sozialisierungsphase gemacht oder werden schlichtweg falsch und nicht artgerecht gehalten. Daraus kann sich dann eine schwere Verhaltensstörung entwickeln.
Warum kleine Hunde besonderen Schutz brauchen
Es ist nicht zu leugnen, dass es bei einem Angriff auf einen Hund einen Unterschied macht, ob dieser klein ist, wie beispielsweise ein Chihuahua, oder groß wie beispielsweise ein Labrador. Wenn Dein Chihuahua nämlich von einem größeren Hund angegriffen wird und dieser aus irgendeinem Grund versucht, Deinen kleinen Hund zu töten, hat er gute Chancen. Dein Chihuahua ist körperlich schlichtweg unterlegen. Wie gesagt, gibt es viele Angriffe, die das Opfer nicht einmal verletzen, jedoch gibt es eben auch tödliche – wie der Angriff auf Eve.
Mein Anliegen mit diesem Blogartikel: kommuniziert bereits vor dem Hundekontakt, ob die Hunde im Freilauf bleiben können oder beide angeleint werden sollten. Bei signifikanten Größenunterschieden würde sich dies grundsätzlich empfehlen. Außer die Hunde kennen sich bereits sehr gut und können gut miteinander. Auch ist es von großem Vorteil, die Körpersprache von Hunden besser deuten zu können. Dadurch kann man nämlich schon vor dem Hundekontakt ganz gut abschätzen, wie der fremde Hund drauf ist. Hierzu wird es allerdings nochmal einen eigenen Blogartikel geben. Im Fall von Caroline wusste sie bereits, dass der andere Hund nicht in spielerischer Absicht auf sie zu kam. Hier wäre zusätzlich dringend die Mithilfe der Besitzerin des verhaltensauffälligen Hundes erforderlich gewesen. Diese gab es jedoch nicht, da die Besitzerin körperlich nicht in der Lage war, ihren Hund festzuhalten oder ihm hinterherzulaufen. Das Problem ist, dass so einer Person die Haltung nicht einmal Verboten werden darf.
Durch diesen Blogartikel möchte ich lediglich die Aufmerksamkeit auf dieses schwierige Thema lenken und ein Bewusstsein dafür schaffen. Ich möchte, dass über dieses Thema gesprochen wird und Hunde, die verhaltensauffällig sind die Chance bekommen durch artgerechte Haltung und Training ihr Verhalten zu ändern. Auch ist es enorm wichtig, dass Hundehaltern ihre Verantwortung jederzeit bewusst ist. Was ich nicht möchte, ist, dass Du Angst hast, mit Deinem Chihuahua draußen Spaß zu haben. Angst kann niemals die Grundlage für ein schönes Leben sein, weshalb die Devise Achtsamkeit und Kommunikation und nicht Angst lauten sollte.
Teile gerne Deine Erfahrungen mit diesem Thema mit uns auf @chihuahuaguide unter unserem letzten Beitrag. Uns interessiert sehr, was Du für Erfahrungen gemacht hast. Hast Du bisher nur positive Erfahrungen mit anderen Hunden und Hundehaltern gemacht? Oder hattest Du auch schon den ein oder anderen Fall, bei dem Du das Gefühl hattest, der Hundehalter hat seinen Hund nicht unter Kontrolle? Es wäre zudem natürlich schön, wenn wir es gemeinsam schaffen Lösungsansätze zu finden.
xoxo
Lisa & Bonsay